
Mein verehrter Kollege Alfons Kaiser hat in der Samstagausgabe einen hervorragenden Artikel zur Lage der Berliner Mode geschrieben aufgezogen an der Abwicklung der Marke Firma, lanciert und belebt durch die beiden Designer Daniela Biesenbach und Carl Tillessen. Ich hatte die beiden Designer auf dem Berlin Showroom in Paris im März 2014 getroffen und da hatte sich wohl schon die Idee langsam im Kopf fest gesetzt, mit „ihrer Firma“ nicht mehr weiter zu machen. Wie sie mir erzählten, hatten sie vor allem Kunden in Italien verloren. Das Land, einst eines der wichtigen Modeabsatzmärkte, kommt nicht aus den negativen Wirtschaftsschlagzeilen heraus, die Multimarkenstores sterben und die Mieten werden selbst im privaten Bereich nicht mehr gezahlt. Doch Italien ist nur ein Beispiel, wie das Modebusiness schwieriger wird. Überall herrschen die gleichen harten Bedingungen. In diesem Strudel eines knallharten Verdrängungs- und Überlebenskampfes bleibt eines auf der Strecke: Die Kreation des Klein- und Mittelstandes wird in einem System, wo nur noch die Großen überleben, konstant vernichtet. (Im Journalismus ist es übrigens das Gleiche!).
Was Alfons aber sehr gut analysiert, ist der – in diesem Umfeld drohende – Niedergang des zarten Pflänzchens der Berliner Modeszene. Zu den genannten Problemen der beiden Firma-Kreativen, der mangelnden Zahlungsbereitschaft der Kunden und des fehlenden Muts des Handels, kommt erschwerend hinzu der mangelnde Rückhalt im eigenen Land. Welche deutscher Handel kauft die neuen Berliner Labels? Die Distribution im eigenen Land ist mager. Aber die deutschen Designer brauchen die deutschen Kunden, um das Ausland zu überzeugen, auch zu ordern. Wo sind staatliche Hilfen, Musen, Mentoren? Ich habe das alles hier schon einmal zum Besten gegeben.
Doch meine Worte interessierte da draußen in der deutschen Wirtschaft kaum jemand. Nun schreibe ich aber auch nicht für die FAZ ;-).
Interessiert sich denn niemand für Mode aus Deutschland (oder lesen die alle nicht Modepilot)? Denn ich habe den Eindruck, dass seit einem halben Jahr sogar noch weniger Rückhalt kommt. Siehe z.B. die geplante Verlegung des Fashionweek-Standorts in Berlin weg vom Brandenburger Tor. IWas in Sachen Mode in Deutschland passiert, ist durchaus spannend. Doch als ich mich weiter mit der deutschen Mode auseinandersetzte, entdeckte ich so manche hausgemachte Fehler bei der Kreativen. Während die Modebrand Firma in der Basis und in den Voraussetzungen alles richtig gemacht hat (Ich habe mir die Kollektion en detail angesehen: Qualität, Verarbeitung und auch Preispolitik stimmten.) und in meinen Augen nun einen völlig nachvollziehbaren Schritt unternimmt, so ist das nicht bei allen so. Viele der Berliner Labels müssen auch sich selbst an die Nase fassen: Stimmen die Produktionszeiten? Kann fristgerecht geliefert werden? Stimmt die Qualität ihrer in Serie hergestellten Produkte? Stimmen die Materialien? Sind sie auf der Höhe des aktuellen Designs? Können Sie wirklich mit den Designs des Auslands konkurrieren? Entsprechen ihre Designs den Marktbedürfnissen? Stimmen die Anstrengungen, international präsent zu sein? Hat man die richtigen Partner in Deutschland und auch im Ausland an der Hand, die helfen könnten? Und hat man den richtigen Investor oder hat man überhaupt einen Investor?
Denn niemand im In- und Ausland arbeitet umsonst. Sprüche wie: „Nein, zahlen können wir nichts, das muss schon jemand sein, der uns aus Überzeugung helfen will, sind schlichtweg naiv. Diese Sprüche kenne ich aus der Medienbranche zur Genüge und auch die werden irgendwann merken, dass in der Zukunft (ob nah oder fern) die Überzeugung bei den „Spezialisten und Professionellen“ flöten geht und sich die guten Leute abwenden. Wie eben jetzt die Macher der Firma!
Mit ihr geht wieder ein Stückchen Berliner Modeszene verloren. Müssen wir uns angesichts, des Umzugs der Fashionweek, der Umsiedelung von Achtland nach London bereits die Frage stellen nach dem Überleben der Berliner Modeszene? Ist sie bereits am Verwelken, bevor sie richtig erblühen konnte? Was meint ihr?
Foto: Barbara Markert, Screenshots Website Firma
Der Beitrag Lese-Tipp: FAZ zur Lage der Berliner Mode erschien zuerst auf Modepilot.